Sprüche & Zitate
Montag, 31. März 2014
Ein paar Worte mehr oder weniger
Montag, 31. März 2014, 22:17
Knietief im Sumpf, nicht kreditwürdig, würdelos, die Großstadt hat Zähne und du bist nur bewaffnet mit gutem Willen und Bier. Das sind keine Argumente, sagt die Stadt und beißt dir einen Arm ab. Zu Boden fällt der Arm, auf die Tanzfläche, die bier- und sekretverklebt diese Hängematte anbietet, die man braucht, wenn 5 Tage Rumsitzen bei der Arbeit durch 2 Tage Tanzen kompensiert werden sollen. Und die Zeit vergeht, dein Gesicht altert schneller als dein Herz. Eigentlich wolltest du nie wieder das Wort Herz in einem Text verwenden, hast du mal gesagt, weil das doch immer dumm aussieht. Am besten jetzt noch Schmerz dahinter, lachst du, ja, schreib was über Schmerz, dieses große Gefühl der Machtlosigkeit der Idioten ohne Geld gegenüber den Idioten mit Geld. Und dann noch sowas, dass Geld doch die Welt regiert und Regierungen nirgendwo mehr gebraucht werden. Diesen ganzen Romantikquatsch, an den keiner mehr zu glauben scheint. Klebste einen Aufkleber auf einen Berliner Mauerrest auf dem "Die Zukunft ist schön" steht und sagst dazu: "Die DDR ist Geschichte, die BRD wird ebenso scheitern ..." Leute gucken dich doof an, zurecht. Du kaufst dir ein Eis, um nicht aufzufallen.

Gut, dass endlich Frühling ist, denkste, weil im Winter warste viel drinnen, in deiner Bude und hast versucht, deiner Theorie einen Namen zu geben. Ab und zu kam jemand vorbei, aber ansonsten verstrich das Leben ereignislos. Du fühlst dich ganz schön Sonderfall, manchmal sogar Sondermüll. Zwischen besorgen und entsorgen findet hier alles statt. Die Gänge durchs Gedränge. Sich was holen, es seiner Bestimmung nach verwenden, es entsorgen. Dann einen Film darüber gucken und sich extrem kritisch fühlen. Gestern hast du ein Tshirt gesehen, darin befand sich ein Mädchen. Auf dem Tshirt stand: DAS UNIVERSUM GEHÖRT ALLEN. Dafür hättest du das Mädchen gerne umarmt, aber du bist nicht so der aufdringliche Typ. Sonderfall, Sondermüll.

Als damals ein Zettel in deinem Briefkasten lag auf dem zu lesen war REVOLUTION, ALLE KOMMEN, TREFFEN AUF DEM ALDIPARKPLATZ, BEGINN 10 UHR, da wart ihr nur zu viert. Ein alter Mann, der diese Zettel verteilt hat, sein geistigbehinderter Sohn und ein Mädchen auf einem Skateboard. Ihr standet alle vier hilflos da, der alte Mann hat seinem Sohn ständig was aus dem Gesicht gewischt und das Skateboard-Mädchen hat sich gelangweilt Zigaretten gedreht. Ihr habt bis um 10 Uhr 30 gewartet und als niemand mehr kam, habt ihr euch Bier, Limonade und Kekse gekauft. Ihr wusstet nichts damit anzufangen, dass die Revolution wegen Mangelinteresse abgesagt wurde. Zum Abschied sagte der alte Mann: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben." Leider hast du nie wieder Post von ihm bekommen.


Dirk Bernemann

Permalink (4 Kommentare)   Kommentieren



Donnerstag, 13. Februar 2014
Panda im Schneematsch
Donnerstag, 13. Februar 2014, 00:54
Gehst spazieren
für den Kopf
und für die Beine
und wofür noch
vor allem: wohin?

irgendwas Graues
hängt über der Stadt
wie ungewaschene Gardinen
in den Haushalten
extremer Raucher

Postadoleszente Unsouveräne
sagt man gern über
desorientierte
Spinner wie Dich, die ihre
Irrwege ins Gelände macheten

manchmal ist dir nicht
nach lachen, sondern nach
zuhause sein und versuchen,
sich die Welt zu erklären,
um dann darüber zu lachen

Aber hat irgendeiner von Euch
im tauenden Schnee auf dem schwarzen
Mutterboden den schlafenden Panda
gesehen?


Dirk Bernemann

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren



Montag, 2. Dezember 2013
Die kleinen Leute von Swabedoo
Montag, 2. Dezember 2013, 19:59
Vor langer, langer Zeit lebten kleine Leute auf der Erde. Die meisten von ihnen wohnten im Dorf Swabedoo, und nannten sich Swabedoodhahs. Sie waren sehr glücklich und liefen herum mit einem Lächeln bis hinter die Ohren und grüßten jedermann.
Was die Swabedoodhahs am meisten liebten, war, einander warme, weiche Fellchen zu schenken. Ein jeder von ihnen trug über seine Schulter einen Beutel, und der Beutel war angefüllt mit weichen Fellchen. So oft sich Swabedoodahs trafen, gab der eine dem anderen ein Fellchen.
Es ist sehr schön, einem anderen ein warmes, weiches Fellchen zu schenken. Es sagt dem anderen, das er etwas besonderes ist, es ist eine Art zu sagen "Ich mag Dich!" Und ebenso schön ist es, von einem anderen ein solches Fellchen zu bekommen. Du spürst, wie warm und flaumig es an Deinem Gesicht ist, und es ist ein wunderbares Gefühl, wenn du es sanft und leicht zu den anderen in deinen Beutel legst. Du fühlst dich anerkannt und geliebt, wenn jemand dir ein Fellchen schenkt. Die kleinen Leute von Swabedoo gaben und bekamen gern warme, weiche Fellchen, und ihr ganzes Leben war ohne Zweifel sehr glücklich und fröhlich.
Außerhalb des Dorfes, in einer kalten dunklen Höhle, wohnte ein großer, grüner Kobold. Eigentlich wollte er gar nicht allein dort draußen wohnen, und manchmal war er sehr einsam. Er hatte schon einige Male am Rande des Dorfes gestanden und sich gewünscht, er könnte mitten unter den fröhlichen Menschen sein - aber er hatte nichts, was er hätte dazu tun können.
Einmal, als er einem kleinen Swabedoodah begegnete, und dieser ihm mit einem Lächeln ein Fellchen schenken wollte, lehnte er dieses ab und beugte sich stattdessen zu ihm herunter und flüsterte: "Du, hör mal, sei nur nicht so großzügig mit deinen Fellchen. Weißt du denn nicht, das du eines Tages kein Fellchen mehr besitzen wirst, wenn du sie einfach so an jeden verschenkst?" Dann tappte der Kobold mit seinen großen, grünen Füßen davon und ließ einen verwirrten und unglücklichen Swabedoodah am Waldrand zurück.
Er war so unglücklich, das er überhaupt nicht über das, was er eben gehört hatte, nachdenken konnte. Denn eigentlich besaß jeder Swabedoodah einen unerschöpflichen Vorrat an Fellchen, und wenn er ein Fellchen verschenkte, bekam er sofort von einem anderen eines wieder - ein Leben lang. Auch der Kobold wusste dies, doch er verließ sich auf die Gutgläubigkeit der kleinen Leute.
Vor seinem Haus in Swabedoo saß der kleine, verwirrte Swabedoodah und grübelte vor sich hin. Nicht lange, so kam ein guter Bekannter vorbei, mit dem er schon viele warme, weiche Fellchen getauscht hatte. Dieser griff in seinen Beutel und gab dem anderen ein Fellchen. Doch der kleine Mensch nahm es nicht freudig entgegen, sondern wehrte mit den Händen ab. "Nein, nein! Behalte es lieber, wer weiß, wie schnell der Vorrat abnehmen wird!" Der Freund verstand ihn nicht, zuckte nur mit den Schultern und ging mit seinem Fellchen mit leisem Gruß davon. Aber er nahm den wirren Gedanken mit, und am selben Abend konnte man noch dreimal im Dorf hören, das einer zum anderen sagte:" Tut mir leid, aber ich habe kein Fellchen für dich, ich muss darauf achten, das sie mir nicht ausgehen."
Von da an überlegte sich jeder sehr gut, wann er ein Fellchen verschenkte. Dies kam zwar immer noch mal wieder vor, aber man tat es erst nach langer gründlicher Überlegung und sehr, sehr vorsichtig. Und dann war es meist nicht ein ganz besonders schönes Fellchen, sondern eines mit kleinen Stellen und schon etwas abgenutzt. Man wurde mißtrauisch, beobachte sich argwöhnisch.
Oben am Waldrand saß der Kobold, beobachte alles und rieb sich die Hände. Das Schlimmste von allem geschah ein wenig später. An der Gesundheit der kleinen Leute begann sich etwas zu ändern. Viele klagten über Schmerzen, und mit der Zeit befiel immer mehr Swabedoodahs eine Krankheit, die sich Rückgraterweichung nannte. Die kleinen Leute liefen gebückt, die Pelzbeutelchen schleiften auf der Erde. Viele glaubten, das Gewicht der Fellchen sei schuld und bald traf man kaum noch einen Swabewoodah mit einem Fellbeutel auf dem Rücken an.
Der Kobold kam jetzt häufiger einmal ins Dorf der kleinen Leute. Aber niemand grüßte ihn mehr freundlich, niemand bot ihm ein Fellchen an. Stattdessen wurde er misstrauisch angestarrt, ebenso, wie die kleinen Leute sich untereinander anstarrten. Dem Kobold gefiel das recht gut, für ihn bedeutete dieses Verhalten die "wirkliche Welt". Es ging den kleinen Leuten immer schlimmer, einige von ihnen starben. Nun war alles Glück aus dem Dorf verschwunden und die Trauer sehr groß.
Der grüne Kobold war hiervon erschrocken, dies war es nicht, was er gewollt hatte. Er überlegte, was man machen könne und ihm fiel ein, das er eine Höhle mit kaltem stacheligem Gestein entdeckt hatte. Er liebte dieses Gestein, das so schön kalt war. Doch jetzt, wo er das Elend der kleinen Leute sah, wollte er diese, seine Steine, nicht mehr länger nur für sich behalten und schenkte sie in kleinen Beutelchen den dankbaren kleinen Leuten. Nur: Wenn sie einem anderen einen kalten, stacheligen Stein gaben, um ihm zu sagen, das sie ihn mochten, dann war dies kein angenehmes Gefühl. Es machte nicht sehr viel Spaß, diese Steine zu verschenken. Immer hatte man ein eigenartiges Ziehen im Herzen, wenn man so einen Stein bekam. Der Beschenkte war sich nie sicher, was der andere eigentlich damit meinte und oft blieb er mit leicht zerstochenen Fingern zurück.
Die grauen stacheligen Steingedanken hatten sich zu fest in den Köpfen der kleinen Leute eingenistet. Man konnte aus den Bemerkungen heraushören: Weiche Fellchen? Was steckt wohl dahinter?
Wie kann ich wissen, ob meine Fellchen wirklich erwünscht sind?
Ich gab ein warmes Fellchen, dafür bekam ich einen kalten Stein, das soll mir nicht noch einmal passieren.
Man weiß nie, woran man ist, heute Fellchen, morgen Steine.
Wahrscheinlich wären wohl alle kleinen Leute von Swabedoo gern zurückgekehrt zu dem, was bei ihren Großeltern noch ganz natürlich war. Häufig hatte man nicht einmal einen Stein zum Verschenken bei sich, wenn man einem Freund begegnete. Dann wünschet der kleine Swabedoodah sich im Geheimen und ohne es je laut zu sagen, dass jemand ihm ein warmes, weiches Fellchen schenken möge. In seinen Träumen stellte er sich vor, wie sie sich alle mit lachenden, fröhlichen Gesicht Fellchen verschenkten. Aber wenn er aufwachte hielt ihn etwas davon ab, es auch wirklich zu tun. Gewöhnlich war es das, dass er hinausging und sah, wie die Welt "wirklich ist"!
Das ist der Grund, warum das Verschenken von warmen, weichen Fellchen nur noch selten geschieht, und niemand tut es mehr in aller Öffentlichkeit.
Aber es geschieht! - Und hier und dort, immer wieder. Ob Du vielleicht auch eines Tages...?

Autor unbekannt

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren



Sonntag, 1. Dezember 2013
Sonntag, 1. Dezember 2013, 00:50
Es war einmal ein Bauer, der steckte jeden Morgen eine Handvoll Bohnen in seine linke Hosentasche. Immer wenn er während des Tages etwas Schönes erlebt hat, wenn ihm etwas Freude bereitet oder wenn er einen Glücksmoment empfunden hatte, nahm er eine Bohne aus der linken Hosentasche und gab sie in die rechte.

Am Anfang kam das nicht so oft vor. Aber von Tag zu Tag wurden es mehr Bohnen, die von der linken in die rechte Hosentasche wanderten. Der Duft der frischen Morgenluft, der Gesang der Amsel auf dem Dachfirst, das Lachen seiner Kinder, das nette Gespräch mit seinem Nachbarn – immer wanderte eine Bohne von der linken in die rechte Tasche.

Bevor er am Abend zu Bett ging, zählte er die Bohnen in seiner rechten Hosentasche. Und bei jeder Bohne konnte er sich an das positive Erlebnis erinnern. Zufrieden und glücklich schlief er ein – auch wenn er nur eine Bohne in seiner rechten Hosentasche hatte.


Verfasser unbekannt

Permalink (2 Kommentare)   Kommentieren



Montag, 18. November 2013
Irgendeine Option ist immer Glück
Montag, 18. November 2013, 19:46
Jetzt ist die totale Gegenwart, wird immer gesagt. Das Jetzt ist das totale Jetzt und irgendwo ist Glück versteckt. Reicht aber nicht für alle, dieses Glück.

Und jetzt: Man selbst in Gegenwart des Menschen, der es sich in der Gegenwart eingerichtet hat. Die Gegenwart ist sein Apartment, welches er mittlerweile fast abbezahlt hat. Demnach gehört sie also ihm, diese Gegenwart. Besitzansprüche sind für ihn was Gutes. Sie mehren die Sicherheit. Besitz lässt ruhiger schlafen, denn manchmal denkt der Mensch an die Unsicherheit, die ihm zuweilen medial suggeriert wird. Da draußen hat es Neider mit wenig oder gar ohne Besitz. Aber die hatten doch auch die gleichen Startmöglichkeiten denkt sich der in Sicherheit lebende Mensch, die haben nur den Startschuss etwas zu spät gehört oder hatten sehr früh im Verlauf des Rennens einen Ellenbogen im Gesicht. So ein Pech aber auch. Aber es herrscht ja Gerechtigkeit im Land und so wird jedem, der unten liegt wieder aufgeholfen, der Sozialstaat reicht dir seine zitternden Hände und immer häufiger ballt er mindestens eine zur Faust.

Das, was heutzutage der Status des sich in Sicherheit wiegenden Menschen ist, hat er früher Lebensziel genannt. Ziele zu haben, war für ihn immer wichtig. Leute ohne Ziele fand er immer suspekt, genauso wie Leute ohne Arbeit oder Leute ohne Partner oder Leute ohne andere Leute um sich rum. Früher, als er noch bis oben hin mit Energie zugetankt war, Energie, die man ihm in den Augen ansah, wenn er einen Raum betrat. Irgendwie hatte der Mensch immer das Gefühl, ihn würden auf Schritt und Tritt Fanfaren begleiten. Er hat sich auch gedacht, dass sein Leben es wert wäre, von Fanfaren begleitet zu werden. Tätärätätätä, hier kommt der gute Mensch in die Bar, ins Wohnzimmer von irgendwem, um eine Sitzparty zu feiern, ins Fitnessstudio zur Maximierung eines optisch anregenden Bizeps, ins Restaurant, um zu essen, was zu essen ist und sogar am Arbeitsplatz würde ihn würdevolle Musik begleiten, wenn es denn die Aufgabe von irgendwem wäre, Menschenleben mit Musik zu beschallen. Und am Arbeitsplatz wird verdrängt. Erstens: irgendein imaginärer Konkurrent. Zweitens: Die Skepsis, dass dieser Arbeitsplatz nicht der wichtigste Arbeitsplatz der Welt ist.

Jetzt ist da aber diese Bequemlichkeit. Die Couch, ein Partner, der Kartoffelsalat. Auf dem Abstellgleis abhängen. Da kommt eine Langeweile ins Leben gedröhnt, die man früher gar nicht kannte, als man noch des Ziele haben wegens angespannt war. Und plötzlich wird ihm, dem abhängenden Menschen, bewusst, dass die Zukunft bloß die Verlängerung der Gegenwart ist, die man jetzt in seiner Selbstgefälligkeit hinzunehmen hat. Alles ist irgendwie respektabel, durchschnittlich und alltagstauglich. Jeder Gedanke, den er denkt ist durchtränkt von dieser alltagstauglichen, respektablen Durchschnittlichkeit. Und schmeckt ein wenig nach Antidepressiva und riecht nach Allzweckreiniger. Ideen und Ideale hat der Mensch angepasst. Angepasst an das was alle wollen. Beispielsweise alle zwei Jahre ein Deutschlandtrikot anziehen, als sei man selbst von irgendeinem Bundestrainer in der Kader berufen worden.

Aber in diesen stillen Momenten, wenn man in der Nacht spürt, dass man ein Heißgetränk aus dem Kaffeevollauotomaten zu viel hatte und die Gedanken deswegen rasen und man plötzlich aus dem eigenen Mittelpunkt heraus gerät und bemerkt, dass man seine Ideen und Ideale zugunsten eines Lebens aufgegeben hat, dass mehr Langeweile suggeriert als jeder handelsübliche Tatort, den man ganz innen in sich drin ja auch langweilig findet, aber nur über seine Relevanz spricht, weil die anderen es auch tun. Und sie, die anderen, die sind halt so ein Maßstab für einen selbst geworden, denn ein aus der Rolle und Reihe fallendes Ding will man ab einem bestimmten Alter ja nicht mehr sein. Und zwischendurch denkt man an Jugendträume, Abenteuer, Vollkommenheit, Weltreisen, romantische Liebe und zieht sich dann die Decke der Konformität bis zum Hals. Ist froh eine Heizung zu haben und ansonsten an nichts mehr beteiligt sein zu müssen, was irgendwie anstössig wäre.

Aber das Bewusstsein martert einen weiter. Der Mensch mit zu viel brasilianischen Ökokaffee in der Blutbahn muss sich mit seinen Gefühlen beschäftigen. Ihm wird bewusst, dass das Leben ein Buffet ist, er sich selbst aber nur ein einziges Mal den Teller vollgepackt hat. Und jetzt steht man da, da kommt so ein Hunger und es lungern ein paar Krümmel auf dem Teller und man hat noch den Geschmack im Mund, wie sich so ein Leben mal angefühlt hat, als noch alles offen war. Irgendwann hat man durch ein paar Entscheidungen ein paar Türen geschlossen, deren Geschlossenheit man sich jetzt nicht zu bedauern traut, weil man dann sein ganzes Restleben in Frage stellen würde.

Man hat das Geld verfolgt. Wie ein Irrer. Cents in Spardosen gestopft und seine Kinder instruiert, es einem gleich zu tun. Während man jetzt hier liegt, wünscht man sich zuweilen eine etwas leichtere Spardose und dafür eine erhöhte Dosis an Leichtigkeit im Leben. Also echte Leichtigkeit, nicht diese eingebildete Leichtigkeit, die man sich mittels automatischem Garagentor gekauft hat. Nein, davon ist nicht die Rede, bzw. Denke, es geht um diese Leichtigkeit, die man spüren kann, wenn man sich selbst entspricht. Wenn man das, was man aus eigener Motivation heraus denkt auch tun kann. Wenn der Tag anfängt und man ein Lächeln im Gesicht hat, das echt ist und nicht den Kollegen im Büro zeigen soll, dass man gestern wieder Sex hatte, obwohl man gar keinen hatte. Dieses Gesicht kann man mittlerweile gut nachmachen und man wird bewundert dafür. Die anderen denken: "geil, erfüllte Freizeit", man selbst denkt "noch drei Sekunden weiterlächeln und ich muss weinen ..." Ja, so ist das.

Da hat man jetzt also sein Leben der Sorglosigkeit geopfert und ist doch so voller Sorge, dass es so leer bleibt, wie es jetzt gerade ist, dieses Leben. Die Spardose schön voll, das Leben schön leer. Dann wünscht man sich, man hätte die Fähigkeit eine Zeitmaschine zu besteigen und an den Punkt zurückzufahren, wo man sich gegen die Spannung und für die Sicherheit entschieden hat. Man bedauert sich selbst und das dauert an, fast die ganze Nacht bedauert man sich, macht sich zwischendurch Sorgen, dass man morgen ganz müde in der Arbeit sein wird. Schämt sich dann dafür, weil das doch endlich mal egal sein soll.

Aber es fehlt einem an Mut, seine Ruhekissen zu verlassen, ein anderes Leben anzufangen, jetzt wo man in der Mitte des Lebens in einem riesigen Bett liegt und die Heizung ist an. Irgendwo schlummern vielleicht Haustiere und Kinder, beide hat man sich aus irgendeinem Egoismus heraus angeschafft, den man jetzt im Moment gerade gar nicht versteht. Man möchte alleine sein, nur um den Gedanken Klarheit zu geben, ist aber umzingelt von Verpflichtungen, die ein dichtes Dickicht bilden und man selbst ist zu schwach dagegen eine axtführende Hand zu erheben

Hat das Leben einen übergangen? Oder weiträumig umfahren? Lebt man daneben, also neben dem Leben? Man sitzt jetzt da, in seiner sicheren Burg und es macht Spaß auf die zu zeigen, die keine Burg haben. Aber da ist auch immer diese Angst, dass diese Leute irgendwann die eigene Burg stürmen und man schreibt Überwachungskamera und Gebäudeversicherung auf seine Do-To-List. Und dann wartet der Mensch und wartet und wartet, vielleicht kommt das Glück ja doch noch vorbei, aber es traut sich scheinbar nicht an der Überwachungskamera vorbei.

Man kann nicht über das Leben schreiben, ohne Erwähnung des Glücks. Geht nicht. Was wäre das für ein trister Text? Wir sind ja hier nicht in einem Dirk Bernemann Text aus dem Jahr 2005 oder so. Man kann verdammt nochmal selbst entscheiden.


Dirk Bernemann

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren



Mittwoch, 30. Oktober 2013
Runtergefallen, Nr 16
Mittwoch, 30. Oktober 2013, 23:39
Du hast so viele kleine Sprüche gesammelt
die jetzt in Deinen Notizbüchern vergammeln
und langsam auch von Dir selbst vergessen werden
weil sie nicht passen, zu den Leuten
denen Du sie widmen willst
also schweigst Du
länger als es Dir gut tut
und bist am Ende so ausgeruht,
dass Du nur noch müde bist

Die Härte, die man Dir abverlangt,
die hast Du nicht drauf
hattest Du noch nie
Parole: Sei Arschloch
das Arschloch eines Gorillamännchens
und vergiss
vergiss
vergiss
die Augen der anderen mit ihren
Tränen oder Erwartungen darin
lass Ungewissheit zu
stell Dich Deiner Dummheit
und Dich wieder auf die Füße
und begrüße
jeden Scheißtag mit: Hallo Scheißtag!

und dann mach ihn fertig!

Hör die alten Platten so laut, dass Dein Junkienachbar
wieder gezwungen ist, seine Best-of-Scooter gegen Dich
anzuwenden, er hat die bessere Anlage und wahrscheinlich
auch die besseren Drogen, aber Du hast noch diesen Funken
Lebendigkeit in Dir, an dem Du Dir die nächste Kippe
anzündest und durch das Fenster in die Nacht atmest

Manchmal fragst Du Dich
(und immer häufiger auch andere)
wozu Du das eigentlich alles machst,
was Dich antreibt
was Dich stabilisiert
und immer öfter bleiben Deine Antworten
auf der Strecke

Es ist nur ein subtiles Gefühl, manchmal kaum
zu benennen, was genau dahinter steckt
was Dich an- und ausmacht, aber damit Du selbst
nicht auf der Strecke bleibst, unter die Räder kommst
vom Fahrtwind der anderen eingesogen wirst, musst Du selbst
Energie erzeugen, die mindestens so viel Licht erzeugt,
dass Du sehen kannst, was abgeht

Und wieder geht ein schöner Tag zu Ende, denkst Du
und wohin mit dem Herz voller Irgendwas in einer Zeit voller Alles?

Der Versuch, sich einen Weg zu bahnen scheitert manchmal schon an der
Definition von Weg, denn erst kürzlich klopftest Du jemandem löblich auf die Schulter
auf dessen Plakat "Weg mit Gott" stand und Du so ja, natürlich, brauchen wir nicht,
ist zuviel, tut keinem gut, ins Leere zu preisen, das da, samt Anhang bitte abfackeln, danke, Ende,
kurz danach war aber klar, dass er mit Gott gehen wollte und Du hast Dich
gefragt, wie man Schulterklopfen zurücknehmen kann ohne total irre zu
wirken.

Einen Gedanken zu Ende zu denken, ist ja manchmal schon Luxus,
den Du Dir nicht immer leisten kannst, denn wo käme man hin, dächte man alles
zu Ende? Käme am Ende Wellness für alle raus? Oder eine endlose Kette weiterer
Fragen?

Du schaust Dir an, was Du heute gemacht hast, die Wörter, die Satzzeichen, Deine
Unkenntnis von Grammatik, ein vollgeschmiertes Notizbuch, der Versuch stilvoll stehen
zu bleiben im Meer der halbgaren Anekdoten. Du hast nicht viel angestellt, das meiste
waren Überlegungen. Und mehrfach das Radio. Jetzt ist alles leise.

Gut so.


Dirk Bernemann

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren



Sonntag, 6. Oktober 2013
Typ
Sonntag, 6. Oktober 2013, 22:46
Er schoß auf Menschen aus dem sichersten aller Hinterhalte und dann auf sich selbst. Wenn Hass entgleist, so sagten die Leute kurz danach, aber das Bild ist schief, so schief, das es droht umzufallen ...

Ich meine, dass die Welt kein gerechter Ort ist, hat der normaldenkende und normalfühlende Mensch ja schon ab einem Alter von ungefähr 13 herausgefunden. In diesem Fakt liegt danach fortan die Lebensrealität des zynischen Umgangs mit dem schlechtwerdenden Leben, das im Verwelken begriffen, nur denen Spaß zu machen scheint, die sich mittels Drogen, Verschwörungstheorien oder sonstigem Weltfremdhassscheiß vom Eigentlichen entfernen. Der Rest bleibt 13 und wird älter.

"Natürlich seh ich auch beim Spazierengehen Blumen. Natürlich gefallen sie mir. Anschließend denk ich an meine Telefonrechnung und nichts gefällt mir mehr", so höre ich die Verzweifelten sprechen und nach Sicherheit schreien. Und die gibt es im Überangebot von den Monopolisten Staat und Religion. Außerdem wird viel Zwischenspiritualität angeboten, so Dinge wie Lachtherapie oder in die Berge fahren und mit anderen Managern ein Wochenende mit Wanderschuhen verbringen, während die Zahlen im Kopf kleiner werden sollen und dann Schulterklopfen, wenns gut ging und dann Herzklopfen am Montag, weil die Scheiße einfach weitergeht. Und die Psychofeuerwehr löscht die Ausgebrannten, auch eine tolle Geschäftsidee.

Die schlimmsten Knäste sind ja die in den Köpfen, dort wird gefoltert und gemordet und Gedärme an die Wand und dergleichen plus Kopf auf und Säure rein und solcherlei schmerz- und scherzhaftes. Der eigene Kopf ist schuld an der Unbeweglichkeit des Individuellen. Und da stehen wir also jetzt und heute und um irgendeine Uhrzeit und unsere Berufe treiben uns an, in Büros und anschließend in den Wahnsinn und Medikamente halten uns stabil und ich frag mich immer wie viel Gefühl steckt noch in einer Situation wie dieser:

Kasse 1 bei Netto. Die Rothaarige kassiert. Piep. Piep. Piep. Ein kleines Brot. Eine Flasche Wasser und die kleine Packung Käse. Ein Abendessen für eine Person. Die Rothaarige fragt sich: Er kauft immer nur Nahrung für eine Person. Ist dieser Mensch jetzt einsam? Und der Einsame geht nach Hause, Brotscheiben mit Käsescheiben belegen. Internet, Fernseher, Weltfrieden. Morgen wieder Büro. Die Hände zittern.

Und in jeder psychotherapeutischen Praxis wird gefragt: Wie bekomme ich den Hochdruck aus dem Menschen? Und Stunde um Stunde vergeht und ok, er geht wieder in die Natur, Blumen gucken, anschließend denkt er an seine Telefonrechnung und will mit einem Gewehr den Rest der Umgebung kleinballern. Daher hat er sich angewöhnt, nicht so oft an seine Telefonrechnung zu denken, aber sie kommt ja jeden Monat und ok, für diesen Scheiß wird gearbeitet und für die schlechte Nahrung und die teure Versicherung und dann häng ich hier und bin bewegungslos, finanziell zumindest, könnte ja jetzt Blumen gucken gehen, aber die gibts hier nur im Blumenladen ...

Warum hat er das denn getan? All die Toten und dann sich selbst auch noch? Er war doch immer so unscheinbar ...

Ja, in seinem Abschiedsbrief stand irgendwas von Einsamkeit und dem Scheitern an der Vielzahl der Optionen ...

Verdammt, so ein Menschenleben ist ja so klein und zerbrechlich ...

Ja, verdammt und ein Kampf, ein täglicher Scheißkampf ...


Dirk Bernemann

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren



Dienstag, 24. September 2013
Die Scheibe einwerfen im Spielzeugladen der Möglichkeiten
Dienstag, 24. September 2013, 19:41
wenn man mal wirklich was will
und man mal wirklich was will
also wenn man wirklich was will
also so mit aller Macht und wenn
man denkt, dass man ohne das, was
man da will nicht mehr auskommt,
weil dann was fehlt, was man zum Leben
braucht und wenn man dann da steht und sich denkt
ja, ich stehe hier und denke, dass ich wirklich was will,
ohne dass ich nicht mehr auskomme auf Dauer,
jetzt nicht, demnächst nicht und eigentlich auch schon
gestern nicht

dann,
ja dann
also dann
dann
sollte
man sich vielleicht erfahrungsgemäß nicht auf so einen Wahlsonntag verlassen,
der den Beton des Stillstandes auch nicht wirklich mehr imstande ist
aufzubröckeln

Demokratie ist ein Spielzeug
das wir armen Kinder
nur noch aus
den Schaufenstern
kennen

aber in den Spielzeugläden der Möglichkeiten traut sich kaum mehr einer, die Scheiben einzuwerfen ...

vor gefühlten 100 Jahren habe ich ein Lied geschrieben, da drin war eine Zeile und die hat gesagt:

"Kauf Dir eine schwere Zeitung
und einen leichten Luftballon
nein, Dein Herz ist nicht aus Stein
doch ja, Dein Kopf ist aus Beton"

und wenn man nichts will, weil man alles hat, was man braucht,
dann sollte man vielleicht überlegen,
sich zum Sterben ins Gebüsch zu legen ...


Dirk Bernemann

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren



Sonntag, 15. September 2013
Stressjazz
Sonntag, 15. September 2013, 20:42
Der Mann bringt, obwohl der Mensch an sich nicht böse gemeint ist, seine komplette Familie um, geht dann in den Hobbykeller und stellt die Eisenbahn an. Das Surren des Trafos stimmt ihn milde. Und wenn man erst mal milde gestimmt ist, kann man sich auch ein Bier aufmachen, die Welt wird dann ein wenig wattierter. Starrt auf das Miniaturland, der Mann, das er irgendwann mal in liebevoller Kleinstarbeit dort hindetailliert hat. Das Miniaturland schweigt und starrt zurück. Die kleinen Menschen, die seit Jahren starr verharrend am Bahnhof warten, der ICE, der durch den Tunnel fährt, die Kuh auf der Wiese, die sich senkenden Schranken und neuerdings steht da diese kleine Eisdiele, vor der kleine Plastikblagen am Miniaturplastikeis lecken, der Zug knattert und der Trafo surrt, der Mann trinkt noch ein Bier und die Miniblagen lecken Miniaturplastikeis und der Mann fühlt, dass etwas in seinem Leben grundlegend schief gelaufen ist, aber jetzt fährt der ICE erstmal in den Bahnhof ein. Dort hält er und der Mann fühlt sich verantwortlich für die korrekte Einhaltung des Streckenplans und nach 7 Minuten hat er das Gefühl dass alle Menschen, die hier am Bahnhof ein- und aussteigen wollten das jetzt auch mal erledigt haben und der Trafo beginnt wieder zu surren und der ICE klappert sich über schmalen Gleise. Der Zug fährt durch die blühenden Landschaften, welche tatsächlich aussehen wie ein nie eingehaltenes Versprechen von Ehrenwortneudefinierer Dr. Helmut Kohl.

Jeder Idylle ihre Axt, dachte der Mann dann kurz nachdem er der Harmonie etwas Tragödie entgegengesetzt hat. Sowas wird dann lange in der Zeitung stehen. Und die Leute gucken, gucken, gucken und fragen sich und wundern sich. Wie kann denn einer sowas tun? Was treibt Menschen in Irrsinne dieses Kalibers? Im Keller stehen und wissen, dass oben etwas passiert ist, was nach Metzgerei aussieht, dabei Bier trinken und eine Miniatureisenbahn ihre entspannten Runden durch übersichtliche Plastikfelder fahren lassen, das klingt wie ein Film, den man lieber sehen als erleben möchte. Teile seiner Familie liegen auf der Treppe, andere Teile im Schlafzimmer. Diese Teile waren aber mal eine Person. Das Surren des Trafos. Ahhhhhh ....

Der Mensch ist erstmal überhaupt nicht böse. Seine Werkseinstellungen basieren zunächst einmal auf totaler Neutralität. Er kommt auf die Welt durchläuft eine Schullaufbahn, arbeitet dann irgendwo und wenn es nicht anders geht, dann macht er immer so weiter mit dieser Arbeit. Arbeitstag folgt Arbeitstag. Job folgt Job und es gibt immer irgendeinen, den man Boss nennt. Immer der ist der Boss, von dem man Geld bekommt. Die Arbeit ist ganz eng verknüpft mit der Existenz. Gibt es keine Arbeit, fällt auch die Existenz sehr schwer. Das fällt jedem auf, der mal einen Scheißjob oder gar keinen mehr hatte, leider nie denen, die denken, sie würden was Sinnvolles tun, wenn sie 8 Stunden ihres Tages Dinge tun, die ihnen Miete, Essen, Versicherungen, ein paar Freizeitvergnüglichkeiten, einen pervers großen und mittlerweile auch extrem dünnen Fernseher einbringen.

Es geht eh nur noch um die Tatsache, welche Handlung einem etwas bringt. Nichts bringende Handlungen werden einfach weggelassen. Zum Beispiel Kultur. Buchumsätze sinken. Die Musikindustrie ist in der Krise. Im Kino soll demnächst Grillgut angeboten werden, damit noch Leute kommen. (O-Ton Kinobetreiberin). Niveaus sinken, weil schwere Inhalte nicht mehr mit schweren Arbeitstagen zu vereinbaren sind. Und sinken ist auch das, was Leute tun, die sich ein Homekino gebaut haben aus den Leistungen ihrer Arbeit. Sie sinken in Sessel. Gucken Actionfilme, die immer gut ausgehen. Oder How I met your mother, das irgendwie gar nicht ausgeht. Manchmal sind sie von Dummheiten zu Tränen gerührt und von anderen Dummheiten belustigt. Aber wer bin ich, Dummheiten zu beurteilen. Da sitzen sie dann und müssen nicht mehr raus gehen. Die Abgeschlossenheit ihrer Zellen nennen sie selbstbewusst Freiheit.

Ihr lieben Menschen, sucht euch ein Hobby, zum Beispiel Miniatureisenbahngestaltungskram, Pilstrinken oder Liebe. Vielleicht sogar die Kombination aus diesen drei Dingen. Bringt auf keinen Fall eure Familien um. Große Sauerei. Sucht Euch eine Arbeit, die Euch nicht tötet. Liebt einander, brüllt der Hippie in mir, und zwar mit allem, was ihr habt.

Als der Mann nach oben geht, um ein neues Bier zu holen und fast über einen abgetrennten Arm stolpert, entgleist unten im Keller die Eisenbahn. Idylle Ende.


Dirk Bernemann

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren